In Einzelheiten gibt es zwar unterschiedliche Meinungen, aber im Großen und Ganzen gelten die oben angeführten Stücke Abschnitte in der Forschung übereinstimmend als die Priesterschrift. Es gibt da eine Grundschrift PG und Ergänzungen dazu PS. Wenn man darin liest, findet man außer den schon erwähnten Geschlechtsregistern gesetzliche Partien, vor allem solche, die sich auf den Kult beziehen. Dazu gehört vor allem die genaue Beschreibung der sog. Stiftshütte und ihrer Geräte. Die Beschreibung mit ihren Maßangaben stimmt genau mit denen des späteren Tempels in Jerusalem überein. M.a.W.: Das Zeltheiligtum ist eine literarische Kopie dessen, was in Jerusalem tatsächlich bestanden hat. Das Zeltheiligtum ist also eine Erfindung der Priesterschrift, da sich der Verfasser nicht vorstellen konnte, daß Gottes Volk in der Wüste ohne Tempel hätte sein können. Weil es aber wanderte, musste der Tempel transportabel, also ein Zeltheiligtum sein.
Weiterhin ist bei der Lektüre zu bemerken, daß das Heiligkeitsgesetz nun in der Priesterschrift enthalten ist. Das Heiligkeitsgesetz III.Mose 17-26 ist eine Vorstufe zur Priesterschrift und in diese aufgenommen worden. Zenger findet in der Priesterschrift theologische Einflüsse der Propheten Jeremia, Hesekiel und Deuterojesaja. Unter Deuterojesaja versteht man den namenlosen Propheten, auf den die Kapitel 40 bis 55 des Jesajabuches zurückgehen.
Was man im IV.Buch Mose an kultischen und ähnlichen Gesetzen lesen kann, stammt weder aus PG noch aus PS, sondern das ist erst eingefügt, nachdem die Priesterschrift mit dem Enneateuch vereinigt worden ist.
Hinsichtlich der Priesterschrift ist zu bemerken, daß sie in dem eben angegebenen Umfang ein selbständiges Buch gebildet hat, das aber seinerseits eine Geschichte hatte. Man kann einen Grundbestand (PG) ausmachen, der dann Ergänzungen (PS) erfahren hat, ehe diese Priesterschrift mit den anderen Pentateuchquellen verbunden wurde. Auch danach sind noch Erweiterungen am Enneateuch im Sinne der Priesterschrift (RP) vorgenommen worden.
Die Grundschrift der Priesterschrift setzt der katholische Alttestamentler Erich Zenger in Münster um 520 an und läßt sie im Babylonischen Exil verfaßt sein. Rückkehrer hätten sie nach Jerusalem mitgebracht, wo dann die Ergänzungen angebracht worden seien. Der Göttinger Alttestamentler Reinhard W.Kratz hält sie für 20Jahre jünger und meint sie sei in Jerusalem geschrieben worden. Die Unterschiede zwischen beiden Annahmen sind nicht gewichtig, obwohl die Abfassung in Jerusalem mehr für sich hat. Wir wollen bei dieser Annahme bleiben. Klar ist jedenfalls, daß die Priesterschrift im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau des Tempels und der Wiederherstellung des Kultes zu verstehen ist. Daneben wollte er auch die sozialen Spannungen beheben, die zwischen den Rückkehrern aus Babylon und denen, die im Lande geblieben waren. Die Bezeichnung „Priesterschrift“ ist insofern treffend, als man sich als Verfasser nur einen oder mehrere Priester vorstellen kann.