Der II.Korintherbrief, der deutlich später als I.Kor geschrieben wurde, hat es im wesentlichen mit einer anderen Frage zu tun. Abgesandte der Jerusalemer Apostel agitierten gegen das gesetzesfreie Evangelium (Kap.11,1-15.21-23)), das Paulus verkündete. M.a.W. : sie forderten, daß einer, der getauft, also Christ werden wolle, dies nur könne, wenn er sich durch Beschneidung auf das Gesetz verpflichte, also Jude würde. Das gesetzesfreie Evangelium des Paulus hingegen war universalistisch, kennt keine Bedingungen für die Rechtfertigung durch das Kreuz Christi. Paulus berief sich dafür auf seine Berufung durch den auferweckten Herrn, und eben das bestritten jene judenchristlichen Agitatoren. Sie erklärten den von Paulus gegründeten Gemeinden, er sei ja selbst kein Apostel, sondern nur deren Beauftragter (Kap.3,1).
Es ist in dem Zusammenhang auch die Rede von schweren verbalen Angriffen eines Korinthischen Christen gegen Paulus anläßlich eines Besuchs desselben in der Gemeinde (Kap.7,12). Die Gemeinde hat die Beleidigung ungerügt hingenommen, was für den Apostel begreiflicherweise höchst schmerzlich war und einen Bruch zwischen ihm und der Gemeinde mit sich brachte, den er aber beheben wollte. Worin der Angriff besteht, sagt Paulus nicht. Man kann sich aber denken, daß er mit der Agitation der gesetztreuen Judenchristen gegen Paulus zusammenhängt.
Dieser Konflikt kündigt sich im II.Kor an oder – wenn wir der Kompilationstheorie folgen – immer deutlicher in Kor C,D und E. Man beachte, daß Kor A und B für I.Kor reserviert sind. Unter denen, die der Kompilationstheorie folgen, besteht im großen und ganzen Einigkeit darüber, wie die Briefteile voneinander abzugrenzen sind, nämlich: C: 2,14- 6,13; 7,2-4; 9,1-15. D: 10-13; E: 1,1-2,13; 7,5-8,24. Dabei bleiben 6,14 – 7,1 unberücksichtigt, die schon länger als es die Kompilationstheorie gibt, für eine nachpaulinische Glosse gehalten werden. D ist dann der sog. Tränenbrief des Apostels, während er in E die Versöhnung bezeugt.