Einleitung

Dieser vermutlich im 2. Jahrhundert v.Chr. verfasste Traktat gibt sich als eine Ermahnung des Gottessprechers Jeremia an die 598 v.Chr. nach Babylon verschleppten Judäer, sich vor dem Götzendienst zu hüten. Er entstammt also der Zeit, in der der Hellenismus das Gesetz und die ausschließliche Jahweverehrung bedrohte. So kann der Brief als Warnung vor der Hellenisierung verstanden werden. Dabei kann der Verfasser auf Jer 10,1-16 zurückgreifen. Weitere Polemik gegen die Götterbilder findet sich Ps 115,4-8; 135, 15-18 Jes 44,9-20; 46,5-7. II.Macc 2,2; Weish 13-15; Aristeasbrief und Jubiläenbuch; Röm 1-3; I.Thess 1,9; I.Joh 5,21; Apgesch 14,15[01]. Vielleicht kann man bei diesen Stellen die Bekanntschaft mit dem Brief Jeremias voraussetzen. Dieses Mahnschreiben liegt uns zwar griechisch vor, ist aber eine Übersetzung aus dem Hebräischen. Erst in der Vulgata ist die Schrift an das Baruchbuch angehängt worden. Im Baruchbuch ist hier der Brief das 6.Kapitel.

Übersetzung

Ausgangstext der Übersetzung ist Rahlfs – Hanhart, Septuaginta, Deutsche Bibelgesellschaft Stuttgart 2006

Abschrift des Briefes, den Jeremias an die unter dem König der Babylonier nach Babylon verschleppten Gefangenen gesandt hat, um ihnen zu verkünden wie ihm von Gott angeordnet war.

(1)Wegen der Sünden, die ihr vor Gott begangen habt, wurdet ihr als Gefangene durch Nabuchodonosor, den König der Babylonier nach Babylon verschleppt. (2) Wenn ihr also nach Babylon gekommen seid, werdet ihr dort viele Jahre und eine lange Zeit bis zu sieben Generationen sein, danach aber werde ich euch von dort im Frieden hinaus führen. (3) Jetzt aber werdet ihr in Babylon auf die Schultern gehobenes Silbernes und Goldenes und Hölzernes sehen, was den Völkern Furcht beibringt. (4) Hütet euch also, daß nicht auch ihr den anderen Völkern gleich werdet, auch nicht gleich werdet, indem euch die Furcht vor ihnen ergreife, (5) wenn ihr die Menge vor und hinter ihnen anbeten seht, dann sagt mit Vernunft: Dich, Herr, muss man anbeten. (6) Mein Engel ist nämlich mit euch und beobachtet eure Seelen.

(7) Ihre Zunge ist nämlich vom einem Handwerker durchstochen und selbst vergoldet und versilbert, aber sie ist verlogen und kann nicht sprachen. (8) Und wie für Wie ist also Schmuck liebende Jungfrau nehmen sie Gold und fertigen Kronen für die Häupter ihrer Götter an. (9) Es geschieht aber auch, dass die Priester Gold und Silber von ihren Göttern wegnehmen und für sich selbst gebrauchen, sie geben es aber weg in die Hurenhäuser. (10) Und sie schmücken sie mit Kleidung wie Menschen, die silbernen und goldenen und hölzernen Götter; sie werden aber nicht vor Rost und Verzehr gerettet. (11) Wenn sie ihnen ein Purpurgewand angezogen haben, wischen sie ihr Angesicht wegen des Staubes des Hauses[02], von dem viel auf ihnen liegt. (12) Und er hat ein Szepter wie ein Mensch, welcher Richter eines Landes ist, der aber einen, der gegen ihn gesündigt hat, nicht bestrafen kann. (13) In der Rechten hat er einen Dolch und eine Streitaxt, kann sich aber gegen einen Kampf und Räuber nicht zur Wehr setzen.(14) Daran werden sie erkannt, dass sie keine Götter sind; also braucht ihr sie nicht zu fürchten.

(15) Wie nämlich das Gefäß eines Menschen, wenn es zerbrochen ist, nutzlos wird, so sind ihre Götter, wenn sie in den Häusern aufgestellt sind.(16) Ihre Augen sind voll Staub von den Füßen derer, die eintreten. (17) Und wie einem, der sich gegen den König vergangen hat, die Höfe verschlossen sind wie einem zum Tode Verurteilten, so verschließen die Priester ihre Häuser mit Türen und Riegeln und Barrieren, damit sie nicht von Dieben gestohlen werden. (18) Sie zünden Leuchter an, mehr als für dich selbst, von denen nichts gesehen werden kann. (19) Es[03] ist wie einer der Balken aus dem Hause, aber ihr Inneres – sagt man – sei zerschlagen und sie[04] nehmen nichts wahr von den Würmern der Erde, welche sie und ihre Kleidung fressen. (20) Ihre Gesichter sind geschwärzt von dem Rauch aus dem Hause. (21) Auf ihren Leib und auf den Kopf fliegen Fledermäuse, Schwalben und die Vögel, ebenso aber auch die Katzen.(22) Daran erkennt ihr, dass sie keine Götter sind; fürchtet sie also nicht!.

(23) Das Gold nämlich, das sie zur Schönheit bekleidet, glänzt nicht, wenn nicht einer den Rost abwischt; auch nämlich, als sie geschmolzen wurden, haben sie es bemerkt. (24) Mit viel Geld wurden sie gekauft, in denen kein Geist[05] ist. (25) Ohne Füße wurden sie auf den Schultern getragen und zeigen den Menschen ihre Wertlosigkeit, und die sie verehren schämen sich deswegen, wenn sie auf die Erde fielen, richteten sie sich selbst nie auf; (26)Wenn einer sie aufrecht hinstellt, bewegen sie sich nicht von selbst, und wenn er sich neigt, richtet er sich nicht auf, sondern wie Toten werden ihnen Gaben gereicht. (27) Ihre Priester missbrauchen ihre dargebrachten Opfer; ebenso auch ihre Frauen, sie salzen davon ein und geben weder dem Armen noch dem Schwachen; an ihren Opfern haften Ausgesonderte und Wöchnerinnen. (20) Daher wisst ihr also, dass sie keine Götter sind, fürchtet sie nicht!

(29) Warum werden sie denn Götter genannt? Denn Frauen dienen den Goldenen und Silbernen und Hölzernen; (30) und in ihren Häusern sitzen die Priester, welche zerrissene Gewänder haben und geschorenen Köpfen und Bärten, deren Köpfe unbedeckt sind, schreiend vor ihren Göttern wie welche bei einem Totenmahl. (32) Die Priester stehlen ihre Gewänder und kleiden (damit) ihre Frauen und Kinder. (33)Weder wenn sie Böses von jemandem erleiden noch wenn es Gutes ist vermögen sie zu vergelten; weder können sie einen König einsetzen noch absetzen. (34)Ebenso können sie weder Reichtum noch Geld geben; wenn ihnen jemand ein Gelübde ablegt und es nicht einhält, werden sie (ihn) keinesfalls verfolgen. (35) Vom Tode können sie einen Menschen keinesfalls retten noch einen Schwächeren von einem Starken wegziehen.(36) Einen blinden Menschen stellen sie keinesfalls zum Sehen wieder her, einem Menschen, der in Bedrängnis ist, helfen sie keinesfalls. (37) Einer Witwe erbarmen sie sich nicht, noch tun sie einer Waisen Gutes. (38) Den Steinen aus den Bergen sind sie gleich die Hölzernen und Vergoldeten und Versilberten, aber die sie erehren werden zuschanden. (39) Wie also wird bezeichnet oder genannt, dass sie Götter seien?

(40) Die Chaldäer selbst verachten sie, die, wenn sie einen Stummen sehen, der nicht sprechen kann, bringen sie den Belos herbei und bitten ihn zu reden, als ob er es wahrnehmen könnte, (41) Und (dies) wohl wissend, verlassen sie sie nicht, sie haben nämlich keine Wahrnehmung. (42) Die gegürteten Frauen aber sitzen an den Wegen, um Kleie zu räuchern; (43) Wenn aber eine, die von einem der Vorübergehenden weggezogen wird und (mit ihm) schläft, dann schmäht sie die Nächste, dass sie nicht wie sie gewürdigt wurde noch dass ihr Gürtel gelöst wurde. (44) Alles, was mit ihnen geschieht, ist Lüge; wie also wird behauptet und genannt, dass sie Götter seien?

(45)Von Handwerkern und Goldschmieden sind sie bereitet; nichts anderes geschieht als was die Künstler wollen, dass es geschieht. (46) Und die es bereitet haben werden nicht lange leben; wie werden die von ihnen Bereiteten Götter sein? (47) Den Nachgeborenen hinterlassen sie nämlich Lüge und Schmähung. (48) Wenn nämlich ein Krieg und ein Übel über sie kommt, beraten die Priester miteinander, wo sie sich mit Ihnen verbergen sollen. (48) Wieso ist es also nicht zu erkennen, dass sie keine Götter sind, die sich weder aus dem Kriege selbst retten noch aus einem Übelstand? (50) Da sie nämlich Hölzernes und Vergoldetes und Versilbertes sind, wird dann erkannt, dass es eine Lüge ist; allen Völkern und Königen wird offenbar werden, dass sie keine Götter sind, sondern ein Werk on Menschenhänden und kein Werk Gottes in ihnen ist. (51) Wem wird also bekannt, dass sie keine Götter sind?

(52) Einen König des Landes setzen sie weder ein noch geben sie den Menschen Regen. (53) Und keinesfalls fällen sie ein Urteil, noch befreien sie den, dem Unrecht geschieht, da sie machtlos sind; wie die Raben zwischen Himmel und Erde. (54) Auch wenn nämlich Feuer in das Haus der Hölzernen und Vergoldeten und Versilberten fällt, werden ihre Priester fliehen und gerettet werden, sie aber werden wie Balken verbrannt werden. (55) einem König aber und Kriegern widerstehen sie keinesfalls. (56) Wie ist also anzunehmen oder zu meinen, dass sie Götter sind?

(57) Weder vor Dieben noch vor Räubern werden die hölzernen, vergoldeten und versilberten Götter gerettet, denen die Kräftigen das Gold und das Silber abziehen, auch die Bekleidung mit der sie versehen sind, und gehen weg, ohne dass ihnen geholfen wird; (58) So dass es besser ist, dass ein König seine Tapferkeit zeigt oder ein brauchbares Gerät, mit dem der Eigentümer umgehen kann, als die Lügengötter; oder eine Tür im Hause, die das rettet, was darin ist, als die Lügengötter, und eine hölzerne Säule im Palast als die Lügengötter. (59) Sonne nämlich und Mond und Sterne, sind prächtig und zum gehorsamen Dienst gesandt; (60) ebenso auch ein Blitz, wenn er erscheint, ist bedeutend; ebenso auch der Wind weht in jedem Land; (61) Und von den Wolken, die durch einen Befehl Gottes über die ganze Welt ziehen, sie vollenden das Aufgetragene; und das von oben gesandte Feuer, das Berge und Dickicht verzehrt, tut das Angeordnete. (62) Dies ist aber weder mit ihren Gedanken noch mit ihren Kräften zu vergleichbar. (63) Deshalb ist weder zu meinen noch zu benennen, dass sie Götter seien, da sie weder mächtig sind noch Gericht halten noch Menschen Gutes tun; (64) Da ihr also wisst, dass sie keine Götter sind, fürchtet sie nicht!

(65) Weder verfluchen sie nämlich Könige noch segnen sie. (66) Sie geben den Völkern auch keinerlei Zeichen am Himmel, weder wie die Sonne leuchtet noch wie hell der Mond ist. (67) Die Tiere haben es besser als sie, die in eine Höhle flüchten können und sich selbst nützen. (68) Auf keine Weise ist es also für euch offenbar, dass sie Götter sind; deswegen fürchtet sie nicht!

(69) Wie nämlich ein Amulett in einem Gurkenbeet nichts schützt, so sind ihre hölzernen und vergoldeten und versilberten Götter. (70) Ebenso wie in einem Beerengarten, auf den sich jeder Vogel niederlässt, ebenso sind ihre hölzernen und vergoldeten und versilberten Götter wie ein in die Finsternis geworfener Toter. (71) Ebenso werdet ihr an dem verzehrten Purpur und Marmor auf ihnen erkennen, dass sie keine Götter sind; schließlich werden sie selbst verzehrt werden und werden eine Schande im Lande sein. (72) Besser ist es also, ein gerechter Mensch ohne Götzenbilder zu sein, denn er wird fern von Schande sein.

Nachschrift: im Codex Vaticanus: Brief des Jeremias. Im Codex Alexandrinus: Jeremias, Baruch, Klagelieder, Brief.

Übersetzung, Einleitung und Anmerkungen: Hans Jochen Genthe 2014
[01] Ivo Meyer in: Zenger, Einleitung in das Alte Testament,4.Aufl.Stuttgart 2001 Seite 439 – 440.
[02] E: Mit „Haus“ ist hier und an späteren Stellen ein Tempel gemeint
[03] E: Das Götterbild
[04] E: Die Götterbilder
[05] Ü: Oder: „Atem“