1. Kapitel
(1)Sehr früh am Morgen des nächsten Tages wachte Petros auf , kam zu uns und weckte uns und sprach: „ Faustinos und Faustinianos sollen mir zugleich mit Clemens und ihren Leuten folgen, damit wir an eine geschützte Stelle des Meeres kommen, wo wir keinen Laurer zu scheuen haben und sie taufen können. (2) Als wir am Strand und an einen ruhigen und sauberen Ort zwischen einigen Felsen gelangt waren, taufte er sie. Wir Brüder aber zogen uns wegen der Frauen zusammen mit anderen zurück und badeten, als wir dann kamen, nahmen wir die Frauen in Empfang, und so gingen wir an einen versteckten Platz und beteten. (3) Danach schickte Petros die Frauen durch die Volksmasse voraus, nachdem er angeordnet hatte, dass sie auf einem andern Weg zur Unterkunft kommen sollen und nur wir von den Männern mit der Mutter und den anderen Frauen zusammen sein sollten. (4) Als wir also zu der Unterkunft gekommen waren und auf sein Kommen warteten, unterhielten wir uns miteinander. Als Petros nach einigen Stunden kam, brach er das Brot für die Eucharistie, legte das Salz dazu und gab es zuerst der Mutter, nachher uns, ihren Söhnen. Und so aßen wir zusammen und priesen Gott.
2. Kapitel
(1)Als dann Petros die Volksmasse herankommen sah, nachdem er sich hingesetzt und uns befohlen hatte, uns hinzusetzen, wie er uns an, als Erstes einer Rede zu gehorchen, nachdem er uns von der Taufe vorausgeschickt und selbst gezögert hatte. (2) Er nannte uns aber den Grund dafür. Zugleich mit unsermWeggang, war er mit einem alten Arbeiter zusammen, der sich umfremde Dinge kümmernd als Dieb betätigte, der uns (wie er selbst später bekannt hat),beobachtet hatte, um zu sehen, was wir tun würden, wenn wir zu der geschützten Stelle gekommen waren. Heimlich weggehend folgte er (uns). (3) Nachdem er am rechten Ort angekommen war und uns begrüßt hatte, sagte er: „Von weitem bin ich dir gefolgt und als ich zusammentreffen wollte, scheute ich mich, dass du mir keine Schwierigkeiten machst als einem, der sich um fremde Angelegenheiten kümmert, jetzt aber sage ich das, was mir wahr zu sein scheint.” (4) Und ich erwiderte: „ Sage mir, was dir gut erscheint, und wir werden dich nicht abweisen, auch wenn das Gesagte nicht gut ist, selbst wenn du aus gutem Grund das, was dir gut scheint, aussprechen wolltest.”
3. Kapitel
(1) Der Greis begann so zu reden: „Als ich sah, dass ihr im Wasser badetet, nachdem ihr euch an den verborgenen Platz zurückgezogen hattet und ging hin, um zu beobachten, was ihr im Verborgenen tätet, und als ich euch beten sah, zog ich mich zurück; weil ich aber Mitleid hatte, wartete ich auf euch, wie ich überzeugt sein würde, durch die, welche herauskommen, nicht betrogen würde, nachdem ich (mit ihnen) geredet hätte. (2) Denn nicht ein Gott ist es, noch eine Vorsehung, sondern durch Entstehung gibt es das All, wie ich durch diejenigen, denen ich vertraut habe, gewiss bin, da ich seit langem die Wissenschaft erforsche. (3) Ich betrüge also nicht, Kind. Sei es nämlich durch Gebet oder nicht, du musst das aus der Entstehung erleiden. Wenn nämlich Gebete etwas vermöchten oder das gute Handeln, dann wäre ich selbst unter den Besseren. (4) Und wenn ich dich jetzt nicht betrüge, da die Armut selbst mein Kleid ist, wirst du gegenüber dem, was ich sage, nicht ungläubig sein. In viel Überfluss an Lebensmitteln war ich einst. Vieles habe ich auch Göttern geopfert und Bedürftigen gereicht, ebenso gebetet und als Frommer konnte ich dem Vorherbestimmten nicht entfliehen.”(5) Und ich sagte: „ Was ist das, worauf du vertraust? ´”Er aber antwortete: „ Ich muss es jetzt nicht sagen, ebenso wird er am Ende hören, wer ich bin und unter welchen Umständen ich geboren wurde. Jetzt aber will ich dich überzeugen, dass das All durch Entstehung[01] besteht.”
4. Kapitel
(1)Und ich sagte: „Wenn das All durch Entstehung besteht und so volle Genüge empfangen hat, dann hast du gegen die Vernunft geraten. (2) Wenn nämlich aus der Entstehung unmöglich auch nur zu denken ist, was rätst du vergeblich, dass das Entstandenwerden dessen, was entstanden wurde, unmöglich ist? Aber wenn du Entstehung als Grundsatz aufstellst, dann bemühe dich nicht, mir zu glauben, dass man den Gebieter der Sterne nicht verehren muss …[02](4) Das Verehren der sogenannten Götter der beherrschenden Entstehung ist überflüssig. Es ist nämlich weder möglich, zu meinen, dass etwas durch das (vom Schicksal) Zugeteilte geschieht, noch dass sie selbst etwas tun für die Entstehung überhaupt. (5) …[03]”
5. Kapitel
(1)Als wir dies miteinander besprachen, erschien eine große Volksmenge. Und während ich auf die Volksmenge blickte, sagte ich: (2) „Ich und meine Verwandtschaft wir haben von den Vorfahren empfangen, Gott zu verehren, und ich habe die Botschaft, nichts von einer Entstehung zu halten (ich sage das zur Lehre der Astrologie), deshalb habe ich mich nicht darum gekümmert. (3) Deshalb bin ich in der Astrologie nicht erfahren, in der ich aber angeleitet wurde. Da ich die Entstehung aus der Kenntnis hinsichtlich der Entstehung nicht widerlegen kann, will ich auf andere Weise nachweisen, dass auf Grund der Vorsehung die Dinge geordnet sind und jeder für das, was er tut, Ehre oder Strafe bekommt, sei es jetzt oder künftig, fürmich ist es kein Unterschied, außer dass jeder genießt, was er getan hat. (4) Der Beweis aber, dass es keine Entstehung gibt, ist dieser: Wenn jemand der vorhandenen Augen beraubt wurde oder eine lahme Hand hat oder lahm an den Füßen ist oder etwas anderes am Leibe hat, für das es eine Umkehr wiederum zur Heilung nicht gibt und jede Bekanntmachung einer Heilung ausgeschlossen ist, von dem nicht einmal die Astrologen eine Heilung verkünden, denn seit langer Weltzeit ist dies nicht geschehen, ich aber biete die von Gott erbetene Heilung, während seit der Entstehung eine Wiederherstellung zu bekommen niemals möglich war – (5) Wenn dies geschähe, würden die den Schöpfer des Alls lästern nicht sündigen?” (6) Und der Greis antwortete: „Ist Lästern denn, zu sagen, dass das All durch Entstehung besteht?” Und ich erwiderte: „Und sehr; wenn nämlich alle Sünden der Menschen und Gottlosigkeiten und Schwelgereien von den Sternen aus geschähen, dann täten die Sterne das als von Gott angeordnet, damit die Ursachen aller Mühsale geschehen, und die Sünden aller werden dem zugeschrieben, der die Entstehung in die Sterne gesetzt hat.”
6. Kapitel
(1)Und der Greis entgegnete: „Wahrhaft großartig hast du (es) gesagt, aber bei all deinem unübertrefflichen Beweis ist mein Gewissen hinderlich. Ich bin nämlich Astrologe und habe zuerst in Rom gewohnt, befreundet mit einem vom Geschlecht Caesars, seine und der Ehefrau Herkunft habe ich nicht geglaubt, und nachdem er in der Folge die vollendeten Taten erzählt hatte, kann ich deinem Wort nicht glauben. (3) Denn es war ihre Konstellation, Ehebruch zu begehen, eigene Sklaven zu lieben und bei der Gastfreundin im Wasser zu sterben. Was auch so geschehen ist. Nachdem sie nämlich den eigenen Sklaven geliebt hatte und keinen Tadel davontrug, floh sie mit ihm, und nachdem sie sich ins Ausland aufgemacht und mit ihm vereinigte hatte, ging sie im Meer zugrunde.”
7. Kapitel
(1)Und ich antwortete: „Wieso weißt du, dass sie im Ausland den Sklaven geheiratet und nach der Heirat gestorben ist?” (2) Und der Greis. „Sicher weiß ich wahrhaftig nicht, dass sie geheiratet hat (ich weiß auch nicht ,wann ich es erfahren habe), aber nach ihrer Trennung erzählte mir ihr Bruder alles hinsichtlich ihrer Liebesgeschichte und dass, obwohl sie als Ehrbare (soweit jedenfalls der Bruder) sich nicht durch Beischlaf beflecken wollte und ihn und den Tadel als Erniedrigung scheute ( es ist nämlich nicht so, dass sie gescholten wurde, denn von Anfang an wurde sie gezwungen, dies zu tun), verführte sie ein Traum, sei er wahr, sei er eine Lüge, ich kann es nicht sagen; (3) sie sagte nämlich, dass sie etwa so angeredet worden sei:` In einer Erscheinung stand einer und befahl mir, mit den Kindern die Stadt Rom zu verlassen.. (4) Damit sie aber mit den Söhnen gerettet würde, trieb sie der Mann sofort und schickte die zu Erziehenden mit der Mutter und den Sklaven nach Athen, aber der dritten und jüngste Sohn, den sie hatte, blieb bei ihm, sodass sie ihn ihm überließ, damit er bei ihm bleibe, wie es im Traum angeordnet war. (5) Als eine längere Zeit vergangen war und er keine Briefe von ihr erhielt, schickte er oft nach Athen und nahm mich als den ihm von vielen Vertrauteren und reiste zur Suche. (6) Dienstwillig hatte ich viel Mitleid mit ihm, wobei ich mich erinnerte, dass er gemeinsam mit mir von allen einst seine Glückseligkeit gehabt hatte und dass er mich mehr als alle Freunde liebte. (7) Und so segelten wir von Rom selbst los und gelangten so hier in das Gebiet von Syrien und setzten nach Seleukia über und verließen so unser Fahrzeug,, und nach einigen Tagen starb er verzweifelnd, ich aber kam hierher, mich selbst hier für Handarbeit verkaufend verschaffe ich mir bis jetzt Nahrung.”
8. Kapitel
(1)Als der Greis dies gesagt hatte, sah er, dass der Greis, von dem er gesagt hatte, dass er gestorben sei, selbst (von dem er geredet hatte) mein Vater war und wollte ihn nicht mit unserm vergleichen, bis ich mich euch anvertraut hätte. (2) Nachdem ich übrigens das betreff seiner Unterkunft erfahren und die meinige mitgeteilt hatte, erkundigte ich mich nur genau: Was ist der Name des Greises? Er aber sagte: Faustos. Was aber derjenige der Zwillingssöhne? Er aber sagte: Faustinos und Faustinianos. Was aber ist der des dritten Sohnes? Er aber sagte: Clemens. Was aber ist der Name ihrer Mutter? Er aber sagte: Mattidia. (4) Da brach ich vor Anteilnahme in Tränen aus und kam zu euch, nachdem ich die Volksmassen weggeschickt hatte, damit ich euch dies nach der Mahlzeit anvertraue. (5) Vor der Mahlzeit aber wollte ich mit euch nicht reden, damit ihr nicht, von Trauer überwältigt, am Tage der Taufe trauernd durchhaltet, während sich die Engel freuen.” (6) Als Petros dies sagte, weinten alle mit der Mutter. Als sie uns aber weinen sah, sagte sie: „Jetzt trage jeder von euch das Gesagte edel in Gottesfurcht. Euer Vater ist nämlich nicht heute gestorben, sondern seit langem, wie ihr treffend gesagt habt”
9. Kapitel
(1)Nachdem Petros das gesagt hatte, sprach die Mutter: (2) „Ach, Mann, wir lieben uns unversehens, nachdem du gestorben bist, als Lebende sehen wir aber Licht und nehmen Nahrung ein.” (3)Als aber das Geschrei noch nicht aufgehört hatte, siehe, da trat der Greis herein und als er die Frau erblickte und zugleich nach der Ursache des Lärms fragen wollte. sagte er: (4) „ Ach, was will das sein?[04] Was sehe ich?” Er trat aber hinzu und sah genauer hin, und als er gesehen hatte, umarmte er (sie), (5) beide aber redeten vor Freude durcheinander, und obwohl sie miteinander reden wollten, waren sie aus unersättlicher Freude durch Sprachlosigkeit gehindert und konnten sich nicht beherrschen. (6) Nach kurzer Zeit sagte dann die Mutter: „Ich habe dich, Faustos, den für mich überhaupt Süßesten. Wieso lebst du, von dem ich vor kurzem gehört hatte, dass du gestorben seist? Übrigens sind dies unsere Söhne, Faustinos, Faustinianos und Clemens.” Nachdem sie das gesagt hatte, fielen wir drei ihm zu Füßen und küssten sie blindlings, wie wir seine Gestalt aufrichteten.
10. Kapitel
(1)Als Petros dies sah, sprach er: „Du bist Faustos, ihr Mann und der Vater ihrer Kinder?” Er aber sagte: „ Ich bin es.” (2) Und Petros: „ Wie also werde ich das Meinige wie das eines anderen erzählen, wenn ich von Mühsal und Trauer und Grab spreche?” (2) Und der Vater antwortete: „Ich gehöre zum Geschlecht Caesars, und ich will nicht, dass es bekannt wird, einem andern werde ich die Erklärung abgeben, dass ich selbst nicht weiß, wer ich bin. (3) Ich weiß nämlich, wenn ich bekannt werde und es die führenden Leute am Ort hören, sie Caesar um Begünstigungen anrufen, mir Annehmlichkeiten des Lebens bereiten, was ich ablehne. (4) Ich kann mich nämlich nicht für die Üppigkeit des Lebens verkaufen, da ich über das Höchste der von mir Geliebten wie über den Tos urteile.
11. Kapitel
(1)Und Petros sprach: „Du hast dies getan, wie ich raten werde, behauptest fest lügend bezüglich der Herkunft oder die Wahrheit zu bekräftigen?” Und der Vater sagte: „Ich belüge dich nicht, wenn ich wahrhaftig meine Herkunft bestätige. (2) Ich bin nämlich nich in die Wissenschaft eingeweiht, außer als einer bei mir war, der Beste der Astrologen, ein ägyptischer Mann mit Namen Annubion,, der im Ausland mit mir von Anfang an befreundet war und den Tod meines Lebensgefährtin mit den Kindern offenbar hat. (3) Und Petros sprach: „ Ist ihm also ist in der Tat nicht zu glauben, denn er hat die Herkunft nicht herausgekriegt?” Und der Vater erwiderte: „ Ich muss alles, was mir untergekommen ist, deinem Verstand erklären, damit ich darauf hörend etwas zu lernen habe. (4) Ich weiß, dass die Astrologen vieles verfehlen, vieles aber sagen sie wahr. Ich argwöhne also, dass sie bei dem, was sie sorgfältig erforschen, die Wahrheit sagen, wenn sie aber etwas verfehlen, sind sie durch Unwissenheit übel dran, wie ich argwöhne, dass zwar die Kenntnis bei ihnen versammelt ist, sie aber wegen der Unkenntnis lügen, denn sie können nicht alles in jeder Hinsicht sorgfältig erforschen.” (5) Und Petros antwortete: „Halte dich daran, dass sie nicht die Wahrheit darüber sagen, sie haben es zufällig getroffen und sagen, dass sie nicht sorgfältig geforscht haben. Notwendigerweise muss nämlich aus dem vielen, was gesagt wird, etwas zutreffen.” (6) Und der Greis sagte: „Wie ist es also damit, dass es sich erfüllt, was er entweder hinsichtlich der Entstehung beweist oder nicht?”
12. Kapitel
(1)Als darauf beide schwiegen, sagte ich: „Da ich die Wissenschaft sorgfältig studiere, der Herr und Vater so nicht ist, will ich, wenn Annubion selbst anwesend ist, auch eine Rede über den Vater halten. (2) So kann nämlich die Sache offenbar werden, für den Kollegen eines Kundigen, der die Forschung angestellt hat.” (3) Und der Vater erwiderte: „Wo ist es denn möglich, den Annubion zu treffen?” Und Petros sprach: „In Antiocheia; dort lerne ich den Zauberer Simon kennen, der ein unzertrennlicher Begleiter von Annubion ist. (4) Wenn wir also dort sind, wenn wir sie antreffen, kann die Untersuchung geschehen.” Und nachdem wir vieles dergleichen besprochen und uns über das Wiedersehen gefreut und Gott gelobt hatten, gingen wir schlafen, da der Abend hereinbrach.
Übersetzt von Dr. Hans Jochen Genthe 2013
[01] Ü: Mit „Entstehung“ wird hier das Wort γενεσισ (spr. génesis) übersetzt, das hier als Gegensatz zur Schöpfung (durch Gott) gemeint ist
[02] T: Der Text ist hier bis zur Unverständlichkeit gestört
[03] T: Der Text ist hier bis zum Ende des Kapitels bis zur Unverständlichkeit gestört
[04] V: Apgesch 2,12; 17,20