1. Kapitel
(1)Als Petros am nächsten Morgen aufgewacht war, wollte er anfangen, nach Simon zu suchen. Und gerade als er aufhörte, kam Zakchäos herein und sagte: „Simon sitzt draußen mit etwa dreißig von seinen Leuten und unterhält sich.” (2) Und Petros sprach: „Mag er reden bis die Menge da ist, und dann beginnen wir zu streiten, damit wir das von ihm Gesagte hören, um es zusammenzubringen, wir gehen hinaus und wollen uns aussprechen.” Und fürwahr geschah es so. (3) Als darauf Zakchäos mit einigen hereinkam, besprach er mit Petros die von Simon geredeten Worte.
2. Kapitel
(1)Er sagte aber: „ Es klagt dir, Petros, wie der Diener des Bösen, der auch viel in der Zauberei vermag, und des Götzendienstes schlimmer ist für die phantasierenden Seelen der Menschen. (2) Dafür, dass du ein Zauberer bist, scheint er folgenden Beweis vorzutragen: Ich weiß selbst, dass ich mich, bei dem, was ich erwogen habe, als ich kam, um mit ihm zu disputieren, auch nicht eines Wortes erinnere. (3) Als er nämlich mit mir sprach, war mein Verstand ruhelos, um zu überdenken, was es ist, das ich in Betracht ziehen kann, als ich im Begriff war, zu ihm zu reden, weshalb ich auch nicht von dem hörte, was er sagte. (4) Da ich dies also bei irgendeinem andern oder bei ihm allein nicht ertrage, wie sollte ich denn als Zauberer unter ihm stehen? Da aber das, was er lehrt, schlimmer als Götzendienst ist, wird es weise sein, dass ich dem Verkünde, der Verstand hat. (5) Denn nichts anderes bringt Nutzen als dass, dass die Seele allseits von Götzen frei wird. Obwohl sie nämlich eine Schau phantasiert, durch Furcht gebunden und bekümmert ist, etwas zu erleiden, aufgerieben, und in einen Dämon verwandelt und in der Gewalt eines Dämons ist, scheint sie für die vielen besonnen zu sein.
3. Kapitel
(1)Dies bietet euch Petros dar mit dem Versprechen, dass es klug macht. Unter dem Vorwand nämlich des einen Gottes, dass er euch von den vielen seelenlosen Götzen freimacht, was ganz und gar nicht die Verehrer kränkt, dass mit eigenen Augen gesehen werden die Steinernen oder Bronzenen oder Goldenen oder aus irgendeiner anderen seelenlosen Materie. (2) Deshalb ist für den Erkennenden das Sichtbar nichts, die Seele vermag durch die Furcht nicht, sich das dem Gesehenen Gleiche vorzustellen. Durch eine irrige Lehre tritt sie aus dem Natürlichen heraus. (3) Und dies sage ich nicht, um euch zu ermahnen, Götzen zu verehren, sondern weil euch Petros von fürchterlichen Vorstellungen abzuziehen scheint und durch eine fürchterlichere Vorstellung den Verstand eines jeden von euch zur Verzückung bringt, indem er Gott in einer Gestalt vorstellt und dies als äußerst gerecht, dem das Fürchterliche und Schauerliche für die kranke Seele folgt, das die Kraft der richtigen Gedanken aufzulösen vermag. (4) In diesem Wahnsinn wird der Verstand wie ein Meer vom heftigen Winde getrieben. (5) Wenn es deshalb zu unserm Nutzen herauskommt, scheint er nicht die Befürchtungen vor deb seelenlosen Gestalten sanft aufzulösen, indem er eine fürchterliche Gestalt eines Gottes dagegen anführt. Aber hat Gott eine Gestalt? Wenn er aber hat, dann ist sie in einer Form. (6) Wenn er aber in einer Form ist, warum ist er nicht begrenzt? Begrenzt aber ist er auch an einem Ort. An einem Ort aber ist er dem unterlegen, der den Ort umgibt. (7) Wenn er aber einem unterlegen ist, wieso ist er mehr oder besser oder höher als alles? Und so ist es.
4. Kapitel
(1)Denn, dass er in Wahrheit das von dem Lehrer Gesagte nicht glaubt, ist offenkundig; er verkündet nämlich das Gegenteil davon. (2) Jener hat nämlich zu jemandem gesagt (wie ich erfahre): `Nenne mich nicht gut, gut ist nämlich ein einziger´,[01] wenn er ihn aber gut nennt, so meint er nicht jenen Gerechten, den die Schriften verkünden, der tötet und lebendig macht[02], tötet zwar die Sünder, macht aber lebendig, die nach seiner Erkenntnis leben. (3) Denn in Wahrheit nannte er nicht den Schöpfer gut, für einen, der denken kann, ist es klar. Nachdem sich nämlich der Schöpfer dem geschaffenen Adam wie dem ihm gefallenden Henoch[03] wie dem von ihm als gerechte angesehenen Noe[04], ebenso auch dem Abraham und Isaak und Jakob , aber auch dem Moyses und dem Volk und der ganzen Welt zu erkennen gegeben hat, kam der Lehrer des Petrus und sprach: `Keiner kennt den Vater außer der Sohn und wem es der Sohn offenbaren will´.[05] (4) Dass also der Sohn selbst, der gegenwärtig war, seit seiner Ankunft allen, denen er wollte, das Unbekannte offenbart hat. Und so war allen vor ihm der Vater unbekannt, nicht er ist es, der allen bekannt ist. Und weil Jesus dies gesagt hat, stimmt er auch nicht mit ihm überein.
5. Kapitel
(1)Zuweilen nämlich reden einige aus den Schriften zusammengestellte Stellen von einem furchtbaren und gerechten Gott: (2) `Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, der Seele aber nichts tun können. Fürchtet aber den, der Leib und Seele in die Feuerhölle werfen kann. Ja, ich sage euch: Fürchtet den[06] ´, (3) denn er sagte, dass dieser wahrhaftig als gerechter Gott zu fürchten ist, und er sagt dazu, dass ihn die Unrecht erleidenden anrufen, wozu er die Erklärung angeführt hat, als er ein Gleichnis sagte: (4) `Wenn also der ungerechte Richter so gehandelt hat, um jederzeit gewürdigt zu werden, um wie vielmehr wird der Vater Rache üben für die, welche Tag und Nacht zu ihm schreien ? Oder meint ihr, dass er es wegen seiner Langmut mit ihnen nicht tun wird? Ja, ich sage euch, er wird es tun, in Kürze.[07]. (5) Wer aber den rächenden und makellosen Gott gerecht nennt, stellt ihn zur Natur, und er ist nicht gut. Er wird aber auch noch zum Herrn von Himmel und Erde erklärt[08]. (6) Wenn er aber der Herr von Himmel und Erde ist, wird er als Schöpfer bekannt, wenn er Schöpfer ist, ist er gerecht. Einmal nennt man ihn gut, einmal aber gerecht, und so stimmt es nicht zusammen. Zum Dritten aber behauptet gestern sein weiser Schüler, dass die Deutlichkeit einer Erscheinung besser sei, ohne zu wissen, dass die Deutlichkeit eine menschliche sein kann, aber als Erscheinung des Göttlichen bekannt wird.
6. Kapitel
(1)Dieses und dem Ähnliches , Petros, hat Simon draußen stehend[09] gesagt, wie mir scheint, um die meisten zu verwirren; geh deshalb selbst hinaus, um in der Kraft der Wahrheit seine verlogenen Reden aufzulösen.”
(2)Nachdem Zakchäos das gesagt hatte, betete Petros nach der Gewohnheit, ging hinaus, stellte sich vor eine Stelle, und nachdem er die Menge nach der Sitte der Gottesfurcht begrüßt hatte, begann er so zu reden: (3) „Der wahre Gottessprecher, unser Herr Jesus (wie ich rechtzeitig auch über ihn volle Gewissheit haben werde) gab hinsichtlich der Unterschiede in der Wahrheit kurz die Bescheide durch dieses beides, (4) denn zu den Gottesfürchtigen hielt er die Rede, dass die Wissenden das von ihm in den Bescheiden Ausgedrückte glauben (das Gesagte war ihnen nämlich auch durch ihren Umgang nicht fremd), zum andern aber, dass er einen Termin zum Verkündigen für das Wort des Beweises hat, den er nicht gebrauchte,(5) damit er nicht die ganze vorgesehene Zeit aufwendete und so reichten ihm, als er beschäftigt war, zur Widerlegung wenige Worte, die von einer bekümmerten Seele als Unterscheidungen in der Wahrheit verstanden werden konnten, ohne dass mehr Reden zu halten waren. (6) Da er aber um ihretwillen ans Licht bringen, soweit es das Volk verstehen konnte[10], woher auch wir sind, auch wenn sie das Wenige von dem von ihm Geredeten nicht begriffen, haben wir selbst gefragt, damit uns etwas von dem von ihm geredeten nicht unverständlich sei[11].
7. Kapitel
(1)Da wir daraufhin alles von ihm Gesagte verstanden hatten und die Beweise vorlegen konnten, sandte er uns zu den unbelehrten Völkern, um sie zu taufen zur Vergebung der Sünden und gebot uns, sie zuerst zu belehren[12]; von diesen Geboten ist das erste und größte[13], Gott den Herrn zu fürchten und ihm allein zu dienen[14] . (2) Jener Gott aber, der gefürchtet wird, sagte er, dessen Engel sind die der geringsten Glaubenden unter uns, die im Himmel stehen und stets das Angesicht des Vaters sehen; er hat nämlich eine Gestalt – zuerst und allein schön – und alle Gliedmaßen, nicht zum Gebrauch; (3) Er hat nämlich nicht deshalb Augen, um von dort aus zu schauen (Er sieht nämlich überall hin während sein zum Sehen geschickter Geist unter uns prächtiger und der Leib von allem Licht strahlender, wie im Vergleich mit ihm das Licht der Sonne als Dunkelheit gerechnet wird), aber er hat auch nicht deshalb Ohren, damit er hört (erhört nämlich von überall her, erkennt, bewegt, wirkt, handelt). (4) Die schönste Gestalt aber hat er wegen eines Menschen, damit, diejenigen, die reinen Herzens sind, ihn sehen können[15] , damit sie begnadet sind um des willen, was sie ertragen. Denn nach seiner Gestalt wie durch ein größtes Siegel gestaltete er den Menschen[16], damit er alles regiere und beherrsche und ihm alles diene. (5) Deshalb entschied er, dass alles sein sei und der Mensch sein Bild (er selbst ist unsichtbar, aber sein Bild, der Mensch, ist sichtbar), der ihn verehren will und sein sichtbares Bild ehrt, welches der Mensch ist. (6) Denn wenn also jemand einem Menschen etwas antut (es sei gut oder böse), wird es zu jenem hinaufgetragen. Deshalb ergeht von ihm über jeden ein zugeteiltes Urteil entsprechend der Würdigkeit;[17] Er bestraft nämlich seine Gestalt.
8. Kapitel
(1)Aber einer wird sagen: `Wenn er eine Gestalt hat, hat er auch eine Form und befindet sich an einem Ort; wenn er an einem Ort ist, ist er auch von ihm umgeben als der Geringere, wie kann er über alles groß sein? Wie aber kann er auch überall sein, wenn er in einer Form ist? (2) Zu dem Gesagten ist zuerst zu sagen: Man ist überzeugt, derartiges von ihm zu denken und zu glauben…[18], Wir aber kennen als Wahrhaftige das von unserm Herrn Jesus Christos Bezeugte, dessen Enthüllungen wir so auf Grund eines Antriebs so darlegen müssen. (3) Zuerst aber rede ich von dem Ort und von Gott. Ein Ort ist das Nichtseiende, Gott aber ist das Seiende; Das Nichtseiende aber ist mit dem Seienden nicht verbunden. Wie kann nämlich ein Ort sein? Außer es gibt einen zweiten Bereich, sei es der Himmel, die Erde, Wasser, Luft oder ein anderer Körper, der sein Leeres erfüllt, das deswegen leer genannt wird, weil es nichts ist. (4) Dies ist nämlich dafür (für das Nichts) der angemessenere Name; ist nämlich das so genannte Leere dann wie ein Gefäß, das nichts enthält? Sodann ist dasselbe Gefäß leer, das kein Ort ist, sondern in ihm ist das Leere selbst, wenn es denn ein Gefäß ist. (5) Notwendig ist nämlich das ganze Seiende in dem Nichtseienden. Dies aber, was nicht ist, nenne ich (was von einigen Ort genannt wird) Nichtseiendes. (6) Wie soll aber das, was nicht ist, mit dem Verbunden werden, was ist? Es ei denn in Gegensätzen, so dass das Seiende nicht ist, aber das Nichtseiende wird Ort genannt. (7) Wenn es aber auch etwas ist, nachdem ich mich um viele Beispiele bemüht habe, will ich weiter gehen, um ein einziges zum Beweis gebrauchen, damit ich zeige, dass das Umgebene gar nicht besser als das Umgebene ist. (8) Die Sonne ist die sich herumdrehende Form und von der ganzen Luft umgeben, aber lässt die hervorleuchten, erwärmt sie, durchschneidet sie, uns auch dann, wenn sie abwesend ist, fährt sie in der Finsternis herum, und was ihr (prächtiger)[19] Teil wird, erkaltet wie etwas Gestorbenes, aber durch ihren Aufgang wird sie wieder erleuchtet und wird durch sie erwärmt und durch größere Schönheit geschmückt. Und das macht sie durch ihre Teilhabe, weil sie ein umgrenztes Wesen hat. (9) Was also hindert Gott, der ihr und aller Schöpfer und Gebieter ist, der in Form und Gestalt und Schönheit ist, die unendlich Ausgedehnte Teilhabe von ihr zu haben?
9. Kapitel
(1)Es ist also einer der wahre Gott, der in besserer Gestalt den Vorsitz hat, welcher Gebieter des Oberen und des Unteren ist[20] – und von ihm, wie von einem Stachel erfüllt die lebendige und körperlose Kraft das All und damit Sterne und Wohnungen[21] des Himmels, der Luft, des Wassers, der Erde, des Feuers und wenn es noch etwas anderes gibt, durchdrungen wird das Wesen zur unendlichen Höhe, zur grenzenlosen Tiefe, zur unermesslichen Weite, dreifach ins Unbestimmte die von ihm lebendig gemachte und vernünftige Natur[22] . (2) Dies ist deshalb das, was von ihm her nach überall hin unendlich sein muss, da der Seiende ein Herz in der Form über alles hat[23] , welcher, wie er die Mitte im Unendlichen ist, die Grenze des Alls ist. Von ihm haben demnach die ersten sechs Ausdehnungen des Unendlichen die Natur. (3) von ihnen wird die durchdrungen, die von ihm den Anfang bis zur oberen Höhe empfängt, aber auch die zur Tiefe unten, die zur Rechten, die zur Linken, die nach …[24], die nach vorn, die nach hinten, auf welche er selbst blickt wie auf die Zahl sechs, die von allen Seiten mit zeitgleichen Abständen die Schöpfung beendet, während er selbst die Ruhe ist und das künftige unendliche Weltalter als Bild hat, Anfang und Ende. (4) Dahin bringt er nämlich die sechs Grenzenlosen zum Ende, und von ihm empfängt er die Ausdehnung ins Unendliche.
10. Kapitel
(1)Dies ist das siebente Geheimnis. Er selbst ist die Ruhe des Alls, wie die ihn im Kleinen nachahmen, so verehrt ihn das Große mit Ruhe. (2) Er ist auf irgendeine Weise zwar erfasst, auf irgendeine Weise aber unerfassbar, auf irgendeine Weise zwar endlich, auf irgendeine Weise aber unendlich, die von ihm ausgehenden Ausdehnungen gehen ins Unendliche. (3) So ist er nämlich fassbar und unfassbar, nah und fern, hier und dort, der allein begonnen hat und überallhin Anteil an der unendlichen Vernunft gegeben hat, welche die Seelen aller atmenden Wesen zum Leben haben; (4) auch wenn sie vom leibe geschieden sind und die Sehnsucht haben, von Ihm gefunden zu werden, dann werden sie als Unsterbliche an seine Brust gebracht, wie in der Winterzeit die Dämpfe der Berge von den Strahlen der Sonne heraufgezogen und zu ihm gebracht werden..(5) Diese Liebe können wir ergreifen, wenn wir seine Schönheit mit der Vernunft wahrnehmen. Anders aber ist es unerreichbar. Es ist nämlich unmöglich, dass eine Schönheit ohne Gestalt ist und die Liebe zu ihr erspäht oder meint, Gott ohne gestalt zu schauen.
11. Kapitel
(1)Einige aber, die von der Wahrheit abgeirrt sind und der Bosheit beistehen, indem sie unter dem Vorwand der Verherrlichung sagen, dass er formlos sei, sodass er gestalt- und körperlos keinem sichtbar sie, so dass er nicht ersehnt werde. (2) Der Verstand nämlich, der die Gestalt Gottes nicht schaut, ist leer von ihm. Wie aber betet einer, der keinen zur Zuflucht hat, einen zur Stütze? Wenn er nämlich keinen Rückhalt hat, tritt er ins Leere. (3) Ja, er sagt, es ist nicht nötig, Gott zu fürchten, sondern zu lieben. Ich sage es auch. Aber dies bietet das Mitwissen[25] jeder Wohltat Das Wohltuen kommt aber auch dem Fürchten. Aber die Furcht, sagt er, erschreckt die Seele. Ich aber sage, dass sie nicht erschreckt, sondern aus dem Schlaf aufweckt und umwendet. (4) Ebenso wird aber richtig gesagt, dass man Gott nicht fürchten muss, wenn wir Menschen nicht vieles andere fürchten. Ich meine aber die Anschläge von Gleichen und noch Tiere, Kriechtiere, Krankheiten, Leiden, Dämonen und zehntausend andere. (5) Wer euch also auffordert, Gott nicht zu fürchten, der soll euch von denen befreien, damit wir auch dies nicht fürchten. (6) Wenn er es aber nicht kann, was verweigert ihr euch der einen Furcht vor dem Gerechten, der euch losmacht von zehntausend Furchten und durch einen kleinen Glauben an ihn zehntausend Leiden, sowohl eigene wie die von anderen umwandeln kann und einen Ersatz der Güter zu empfangen, und dass ihr wegen der Furcht vor dem alles sehenden Gott nichts Böses tut und durch den Gegenwärtigen in Frieden ausharrt.
12. Kapitel
(1)So stellt ist der Dienst vor dem wohlwollenden Gebieter allen übrigen Freien. begründet. (2) Wenn es also jemandem möglich ist, ohne Gott zu fürchten, nicht zu sündigen, dann mag er nicht fürchten. Durch die Liebe zu ihm ist es nämlich erlaubt, nicht zu tun, was ihm nicht gefällt. (3) Auch steht nämlich das Fürchten geschrieben[26] und das Lieben wird verkündet[27], damit jeder seine Mischung zum geeigneten Heilmittel gebraucht. Also ist er zu fürchten, denn er ist gerecht. Sei es also Fürchten, sei es Lieben, sündigt nicht! (4) Es geschehe aber, dass jemand, der fürchtet, gesetzwidrige Freuden beherrschen kann, Fremdes nicht begehrt, Menschenfreundlichkeit übt, besonnen ist, gerecht handelt. Ich sehe nämlich, dass einige, die in der Furcht vor ihm unvollkommen sind, am meisten sündigen. (5) Wir sollen also Gott nicht nur fürchten, weil er gerecht ist; während er nämlich barmherzig ist zu denen, die Unrecht erleiden, straft er diejenigen, die Unrecht tun. (6) Wie also Wasser Feuer löscht, so beseitigt auch die Furcht die Begierde der Bösen. Wer Furchtlosigkeit lehrt, fürchtet sich selbst nicht, wer sich aber nicht fürchtet, glaubt auch nicht, dass ein Gericht sein wird, weitet die Begierden aus, zaubert, verleumdet andere deswegen, was er selber tut.”
13. Kapitel
(1)Als Simon das hörte, war gedemütigt und sagte: „Ich weiß, wem du das sagst, aber damit ich keine Zeit verschwende, indem ich dasselbe sage, um dich widerlege für das, was ich nicht will und um euch zu antworten, verkünde ich euch das Besondere, wobei ich hinlänglich ausspreche, was du von deinem Lehrer begriffen hast, damit du den Gegenwärtigen unmittelbar sahest und hörtest und es keinem andern möglich ist, durch eine Schau oder Erscheinung dasselbe zu sein. (2) Ich werde zeigen, dass dies eine Lüge ist. Wer unmittelbar auf einen hört, kann fürwahr nicht Sicherheit für das Gesagte empfangen; Sein Verstand hat nämlich zu erwägen, ob es nicht ein Mensch ist, der das Erschienene erlügt. Aber die Schau bietet zugleich mit dem, was gesehen wird, demjenigen, der schaut, den Glauben an, dass es etwas Göttliches ist[28]. Dazu muss mir zuerst geantwortet werden.”
14. Kapitel
/1) Und Petros sprach: „Da du etwas anderes vorwendend geredet hast, antworte ich auf etwas anderes; du hast nämlich vorgebracht, dass ein Hörender mehr aus einer Schau erkennt als aus der Deutlichkeit, denn der auf eine Schau [29]Hörende ist sicherer als derjenige, welcher auf diese Deutlichkeit hört. (2) Deshalb hast du mir als sichereres Ziel genannt, dass die Sache Jesu das Wort hörbar erkennen läßt wie seine Erscheinung. (3) Im Übrigen antworte ich auf das von Anfang an Vorgetragene. Der Gottessprecher genießt, weil er ein Gottessprecher ist, der zuerst volle Gewissheit hat, Vertrauen und Wahrheit von denen, die er vorher kennen gelernt hat,[30] und wie der Lernende will, geprüft und untersucht, antwortet er, der aber auf Grund einer Schau glaubt, ist unsicher; ((4) Er weiß nämlich nicht, an wen er glaubt; als wahr nimmt er nämlich entweder ihn an oder einen bösen Dämon oder einen Irrgeist, da er bei der Rede heuchelt zu sein, was er nicht ist.(5) Wenn sich aber einer entschließt, zu fragen, wer der ist, der erschienen ist, kann er ihm sagen, was er will. [31]Und so, wie der Böse geblendet hat, bleibt er[32], was er will, erlischt, bleibt nicht bei dem Frager zur Antwort, was er wollte. (6) Wer deshalb einen Traum schaut, kann auch nicht erfragen, was er wollte. Der Gedanke des Träumenden kommt nämlich nicht aus eigener Vollmacht. (7) Von daher erfragen wir vieles über anderes wachend, was wir im Traum zu erfahren begehren oder hören auch, was wir nicht erfragen über das, was sich nicht von uns unterscheidet, und wir erwachen traurig, denn über das, was wir erfahren wollten hören wir weder etwas noch haben wir etwas erforscht.”
15. Kapitel
(1)Und Simon sagte: „Was du über die Schauungen sagst, stimmt überhaupt nicht, sondern wenn also die Erscheinungen und die Träume von Gott gesandt sind, sind sie keine Lüge, über die einer reden will.” (2) Und Petros sprach: „Du hast richtig gesagt, dass das Gottgesandte nicht gelogen ist. Verborgen ist aber, ob einer einen gottgesandten Traum geschaut hat.” (3) Und Simon: „Wenn es ist, was der Gerechte geschaut hat, dann hat er Wahres geschaut.” Und Petros: „Du hast richtig gesprochen. Wer aber ist ein Gerechter, wenn er von einer Erscheinung Gebrauch macht, damit er lernt, was zu lernen nötig ist und tut, was zu tun nötig ist?” (4) Und Simon: „Dies gibst du mir zu, dass allein der Gerechte eine wahre Erscheinung sehen kann, und ich antworte dir darauf. Mir ist nämlich klar, dass ein Gottloser einen wahren Traum nicht sieht.” Und Petros: „Dies ist eine Lüge, und das kann ich dir geschrieben und ungeschrieben bewesen, um überzeugt zu werden, verkünde ich aber nicht. (6) Wer nämlich einer ehebrecherischen Frau die Liebe zu anderen zubilligt, ändert überhaupt nicht die Vernunft eines eigenen gesetzmäßigen guten Zusammenlebens; manchmal lieben diejenigen, welche das Bessere kennen, als mit einem Vorurteil Behaftete das Schlechtere. Dergleichen erträgst du Unwissender.” (7) Und Simon sagte: „ Sage das, wenn du das übertriffst, was ich predige! Mir scheint es nämlich unmöglich zu sein, dass gottlose Menschen so von Gott mit Träumen heimgesucht werden.”
16. Kapitel
(1)Und Petros sprach: „ Ich erinnere mich, wie ich mündlich und schriftlich verkündet habe, um dafür den Beweis zu erbringen. Und jetzt höre auf das, was gesagt wird! (2) Wir kennen viele – wenn du recht denkst, zumal ich viele Richter dabei stehen habe -, die Götzenbilder verehren und Ehe brechen und auf mancherlei Weise offensichtlich sündigen und wahre Träume schauen, einige aber auch als Erscheinungen von Dämonen. Ich sage nämlich, dass Augen von Sterblichen die unkörperliche Gestalt des Vaters oder des Sohnes nicht sehen können, um das große Licht zu schauen. (3) Deshalb wird er von dem erschreckten Menschen nicht geschaut, nicht weil Gott missgünstig ist, sondern weil er barmherzig ist. Wer ihn nämlich sieht, kann nicht am Leben bleiben[33]. (4) Das Übermaß des Lichtes löscht nämlich das Fleisch des Schauenden aus, wenn nicht das Fleisch durch die unaussprechliche Kraft Gottes in die Natur des Lichtes umgewandelt wird, damit es das Licht sehen kann – oder er verwandelt das Wesen des Lichtes in Fleisch, damit es vom Fleisch gesehen werden kann; denn den Vater unverändert zu sehen, ist allein Sache des Sohnes. (5) Aber nicht ebenso die Gerechten; in der Auferstehung der Toten nämlich, wenn die Leiber in Licht, den Engeln gleich[34], verwandelt werden, dann können sie schauen. (6) Wenn schließlich auch einer der Engel einem Menschen gesandt wird, um gesehen zu werden, wird er in Fleisch verwandelt, damit er vom Fleisch gesehen werden kann. Eine nicht fleischliche Kraft kann einer weder vom Sohn noch aber auch von den Engeln sehen. Wenn aber einer eine Schau sieht, wisse er, dass sie von einem bösen Dämon ist.
17. Kapitel
(1)Dass übrigens auch Gottlose Erscheinungen und wahrhaftige Träume schauen können, ist offenkundig, und ich kann es aus der Schrift beweisen. Schließlich steht im Gesetz geschrieben, wie Abimelech (ein Gottloser, der die Frau des gerechten Abraham durch Beischlaf beflecken wollte) von Gott im Traum hörte (wie die Schrift sagt), sie nicht anzurühren[35]. (2) Aber auch der Pharao (ein gottloser Mann) schaute einen Traum hinsichtlich der Fruchtbarkeit und der Unfruchtbarkeit des Weizens, den ihm Josef von Gott her deutete und sagte, dass der Traum geschehen werde[36]. (3) Nabuchodonosor aber (der Götzen verehrte und die Verehrer Gottes ins Feuer zu werden befahl) schaute einen Traum von allen Weiten der Welt: Und keiner soll sagen: ` Aber im Wachen sieht keiner der Gottlosen eine Erscheinung. ´ (4) Das ist eine Lüge. Selbst als Nabuchodonosor befohlen hatte, dass drei Männer ins Feuer geworfen werden sollten, sah er im Ofen einen vierten und sagte: ` Den vierten sehe ich wie einen Sohn Gottes. ´ [37] Und Gottlose sahen ebenso Gesichte und Erscheinungen und Traumerscheinungen, welche wahr waren. (5) Deswegen ist einer überhaupt micht wegen des Sehens einer Erscheinung und eines Traumes und eines Gesichts gänzlich fromm. Das Wahre, das dem Frommen nämlich, das dem Frommen Verstand eingepflanzt und rein ist sprudelt empor, nicht durch einen Traum bemüht, sondern den Guten durch Einsicht gegeben.
18. Kapitel
(1)So wurde nämlich auch mir vom Vater der Sohn offenbart[38]. Deshalb kenne ich, die Kraft der Offenbarung von ihm gelernt. Zugleich nämlich, als der Herr fragte, was man sagt, dass sie einen den Herrn nennen und ich gehört hatte, dass andere ihn anders nennen, ist es mir ins Herz gekommen; Ich weiß also nicht, wie ich gesagt habe: `Du bist der Sohn des lebendigen Gottes.[39]´. (2) Der mich aber glückselig gepriesen hat, um anzuzeigen, dass es der Vater ist, der mir offenbart hat, dass ich aber seitdem gelernt habe, dass das ungebildete Lernen, ohne Schau und Träume Offenbarung ist. Und so verhält es sich wahrhaftig. (3) In der nämlich von Gott samenhaft in uns eingelegten…[40] ist die ganze Wahrheit, durch die Hand Gottes, welcher bewirkt, was jeder Art angemessen ist, betrachtet und offenbart wird. (4) Aber etwas, dass äußerlich durch Schauungen und Träume enthüllt wird, ist nämlich nicht zur Offenbarung, sondern zum Zorn (enthüllt). (5) Außerdem ist im Gesetz geschrieben, dass Gott Aaron und Mariam zürnte und sprach: `Wenn ein Gottessprecher unter euch aufsteht, ich sei ihm durch Schauungen und Träume bekannt werden, aber nicht so, wie meinem Diener Moyses, denn durch eine Gestalt und nicht durch Träume werde ich zu ihm reden, wie wenn einer zu einem Freunde redet.´[41] (6) Du siehst, wie durch Schauungen und Träume eine Sache des Zorns (geschieht), aber eine des Freundes von Mund zu Mund, in der Gestalt und nicht durch Rätsel und Schauungen und Träume wie zu einem Feind.
19. Kapitel
(1)Wenn also auch dir unser Jesus im Zorn durch eine Schau bekannt geworden wäre und mit dir zornig wie mit einem Widersacher geredet hätte, dann hätte er also durch Schauungen und Träume oder durch äußerliche Offenbarungen geredet. (2) Ob aber einer durch eine Erscheinung für die Lehre weise gemacht werden kann? Und wenn du sagst: `Es ist möglich´, weshalb redete der Lehrer dann das ganze Jahr während wir beständig wachten? (3) Wie aber sollen wir es dir glauben, selbst wenn er dir erschienen sein sollte?[42] Wie aber kann er dir erschienen sein, während du doch das Gegenteil von seiner Lehre denkst? (4) Wenn er aber von dir eine Stunde lang gesehen wurde und dich belehrt hätte und du Gesandter geworden wärst, dann verkünde seine Worte, erläutere seine Sache, liebe seine Gesandten, bekämpfe nicht mich, seinen Gefährten. Du widerstehst nämlich als Gegner mir, der ich ein fester Felsen, die Grundlage der Gemeinde bin[43]. (5) Wärst du nicht mein Gegner, dann hättest du mich nicht verleumdet, indem du meine Verkündigung schmähtest, damit ich bei dem, was ich von dem Herrn selbst gehört habe, sagte, keinen Glauben fände, wobei ich beschuldigt[44], du aber gerühmt wirst. (6) Oder wenn du mich einen Beschuldigten nennst, dann klagst du Gott an, der mir den Gesalbten offenbart hat, und du setzt den herab, der mich wegen der Offenbarung glückselig gepriesen hat[45] (7) Wenn du aber wahrhaftig mit der Wahrheit zusammenwirken willst, dann lerne zuerst von uns, was wir von jenem gelernt haben, und wenn du ein Schüler der Wahrheit geworden bist, dann werde unser Mitarbeiter[46].”
20. Kapitel
(1)Als Simon das gehört hatte, sagte er: „Ferne sei mir, dass ich von jenem oder von dir ein Schüler werde. Ich weiß auch nicht, was ich erkennen soll; was ich aber als Lernender erfrage, damit ich weiß, ob die Schauungen das Deutliche deutlicher zeigen können. Du aber hast (es) nicht gezeigt, als du reden wolltest. (2) Und jetzt am Morgen bin ich wegen der Sache mit Gott, den du als Schöpfer fest behauptest, zu dir gekommen, habe mich unterredet und werde zeigen, dass er nicht der Höchste und Gute ist und dein Lehrer mir dasselbe gesagt hat, dich aber werde ich überführen, dass du nicht Bescheid weißt.” Und nachdem er das gesagt hatte, ging er weg, was er vorschützte, da er nicht hören wollte.
Übersetzt von Dr. Hans Jochen Genthe 2013
[01] V: Matth 19,17
[02] V: Dt 32, 39
[03] V: Gen 5,22
[04] V: Gen 6,9
[05] V: Matth 11,27 (I.Kor 1,21)
[06] V: Matth 10,28
[07] V: Luc 18, 6 -8
[08] V: Matth 11,25
[09] T: Die Übersetzung folgt hier einer Konjektur von Schwegler, welcher das και (spr. kai), zu deutsch „und“ nicht liest
[10] V: Dt 4,6
[11] V: Matth 13,36
[12] V: Matth 28,19 = Marc 1,4 = Luc 3,3
[13] V: Matth 22,38
[14] V: Matth 4,10 (vgl. Dt 6,13)
[15] V: Matth 5,8
[16] V: Gen 1,28
[17] V: Matth 25,40
[18] T: Die Handschriften hatten hier ursprünglich eine Lücke von zweieinhalb Zeilen. Ein Korrektor (O2) des Codex Ottobonianus (O) setzt am Rande für diese Lücke ein „die um Simon“ (οι περι σιμονα), während der Codex Parisinus (P) als grammatisches Subjekt des Gehorchens „die Schriften“ liest
[19] T: Das Eingeklammerte ist textlich fraglich, obwohl es von beiden Handschriften gelesen wird.
[20] T: Die Übersetzung folgt hier einer Konjektur
[21] T: Der Ausdruck „Wohnungen“ ist eine Konjektur in Anlehnung an Joh 14,2
[22] Ü: Dies ist ein Versuch, den grammatisch und deshalb wahrscheinlich textlich nicht intakten Text wiederzugeben.
[23] T: Versuch einer Konjektur
[24] Ü: Ein nicht übersetzbares Wort
[25] E: Gewissen
[26] V: Dt 6,2
[27] V: Matth 22,37 vgl. Dt 6,5
[28] V: Gal 1,11
[29] V: Apgesch 9,17; I.Kor 15,8
[30] V: Nu 12,6 -8
[31] V: Apgesch 0,5
[32] V: Luc 10,18
[33] V: Ex 33,20
[34] V: Matth 22,30, 18,10
[35] V: Gen 20,3
[36] V: Gen 41,25
[37] V: Dan 2,28; 3,25
[38] V: I.Kor 2,9 – 11; Gal 1,16
[39] V: Matth 16,13 – 16
[40] T: Im Codex Ottobonianus ist hier eine Lücke von fünf bis sechs Buchstaben, während der Codex Parisinus keine Lücke lässt. Es fehlt aber auf alle Fälle ein Substantiv im Dativ
[41] V: Nu 12,6 –8, vgl. Ex 33,11
[42] V: I.Kor 15,8
[43] V: Matth 16,18
[44] V: Gal 2,11
[45] V: Matth 16,17
[46] V: Kol4,11; III.Joh 8