Die Reihenfolge der Erzählungen und Reden im Markusevangelium sowie die damit verbundenen Zeitangaben, teilweise auch die Ortsangaben nennt man den Rahmen der Geschichte Jesu. Der Ausdruck stammt von Karl Ludwig Schmidt. Er hat in einer 1919 erschienenen Veröffentlichung nachgewiesen, daß dieser Rahmen nicht historisch, sondern literarisch, also ein Werk des Evangelisten ist. Was ihm im wesentlichen schon vorlag, war die Passionsgeschichte, annähernd in dem Umfang, wie wir ihn bei ihm lesen. Nicht auszuschließen ist auch, daß er kleinere Sammlungen vorgefunden und nur erweitert hat. Da könnte für das Gleichniskapitel 4 zutreffen. Im großen und ganzen geht es aber für Mark 1-13 um die literarische Komposition von kleinsten Einheiten. Die Vorgeschichte der Evangelien ist also ähnlich wie die der erzählenden Bücher des Alten Testaments (siehe 1.2.1.2.3.!).

Mit diesen kleinsten Einheiten haben sich auch in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg Martin Dibelius in seiner Formgeschichte und Rudolf Bultmann in seiner Überlieferungsgeschichte von verschiedenen Ansätzen aus befaßt. Diese kleinsten Einheiten stammen aus verschiedenen und unterschiedlich gearteten Gemeinden, welche diese Überlieferungsstücke zu praktischen Zwecken des Gemeindeaufbaus brauchten, sei es der Mission, der Gemeindezucht, der Ermahnung usw.. Diese Zwecksetzungen der überlieferten Einheiten nennt man den „Sitz im Leben“, nämlich im Leben der Gemeinde.

Es ist nicht zu übersehen, daß manches davon Gemeindebildung ist und nicht auf den historischen Jesus zurückgeführt werden kann. In einigen Fällen ist das eindeutig, aber zuverlässige Merkmale dafür, was im Einzelnen auf den historischen Jesus zurückgeführt werden kann, sind sehr schwierig auszumachen, wiewohl die wesentlichen Grundlinien seiner Verkündigung deutlich sind. Um die Feststellung, welche der Überlieferungsstücke dem historischen Jesus zuzuschreiben sind, hat sich besonders Joachim Jeremias bemüht, ohne dafür allgemeine Zustimmung zu ernten. Ja, die Frage ist offen, ob sich überhaupt ausmachen läßt, was auf den historischen Jesus zurückgeht.

In neuerer Zeit hat sich auch Kritik an Karl Ludwig Schmidt zu Worte gemeldet, welche die Vermutung äußert, daß Markus schon einen Aufriß der Wirksamkeit Jesu gekannt und seinem Werk zugrunde gelegt hat. Etwas Bestimmtes hat aber niemand vorlegen, geschweige begründen oder belegen können. Man kann also bis zum Beweis des Gegenteils davon absehen.