Was in den kunstvoll aufgebauten Erzählbüchern zu lesen ist, haben sich die Verfasser und Bearbeiter nicht aus den Fingern gesogen, sondern es geht im Grunde auf mündliche Überlieferungen zurück. Vor hundert Jahren hatte sich Herman Gunkel damit, vor allem beim I.Buch Mose beschäftigt, und er kam zu der Einsicht, daß die einzelnen Geschichten, Sprüche und Lieder für sich bestanden haben. Er sprach von den kleinsten Einheiten. Martin Noth hat fünfzig Jahre später diese Untersuchungen auf die folgenden drei Mosebücher ausgedehnt. Ganz allgemein kann man natürlich auf frühere Fassungen der Geschichten von Mose, Abraham usw. zurückfragen, auch bis zu einem historischen Kern derselben, aber je weiter man zurückfragt, um so schwieriger und damit auch strittiger werden die erzielten Ergebnisse. Man wird auch auf Mythisches stoßen, aber das ist ein Thema für sich. Bei der Rückfrage nach dem, was in der Bibel schriftlich vorliegt, ist man in der gleichen Situation wie bei der Rückfrage nach Homers Trojanischen Krieg oder nach den klassischen griechischen Dramen oder nach Gilgamesch, dem König von Uruk und Helden des nach ihm genannten mesopotamischen Epos.